Wissenschaftliche Studien und Artikel über unsere Umwelt

 

Das Sterben der Gliederfüßer in der Schorfheide 2008 – 2017

Ist es der Kilimawandel? Sind es die industriellen Agralandschaften?

Fazit einer aktuellen Studie: Kleinere Habitate und Schutzzonen können sich nicht gegen den deprimierenden gobalen Trend stemmen.

 

Eine aktuelle Studie der Technischen Universität München bestätigt, was Amateure nun schon seit Jahren bewiesen haben: Die Insektenvielfalt und -menge in unserer Landschaft geht in die Knie. Die Studie präsentiert beeindruckende Statistiken und liefern somit der Politik die oft geforderten ’seriösen‘ (nicht von Hobby-Entomologen zusammengetragenen) Argumente, die dazu dienen könnten, großflächige Veränderungen hin zu einer insektenfreundlicheren Landschaft anzustoßen. Allein, die Katastrophe in Zahlen zu fassen ändert nichts am Status quo. Immerhin kommen die Wissenschaftler zu einer, wenn auch deprimierenden, Handlungsempfehlung:

 

[Übersetzung aus dem Englischen]

Die Maßnahmen, die in den letzten Jahren umgesetzt wurden, um das Insektensterben abzumildern sind lokal beschränkt und zeigen keine offensichtliche Wirkung. Deshalb ist einen Paradigmenwechsel in der Landnutzungspolitik auf nationaler und internationaler Ebene notwendig, um dem Rückgang der Arten in offenen und bewaldeten Lebensräumen durch landschafts- und regionenübergreifende Maßnahmen entgegenzuwirken. Diese Strategien sollten darauf abzielen, die Lebensraumqualität für Arthropoden (Gliederfüßer) zu verbessern und die negativen Auswirkungen von Landnutzungspraktiken nicht nur auf lokaler Ebene (in isolierten Gebieten, die in eine lebensfeindliche landwirtschaftliche Matrix eingebettet sind), sondern auch in großen und zusammenhängenden Gebieten abzumildern.

 

Hier kurz zusammengefasst die Hauptergebnisse der Studie (die Daten wurden in der Schorfheide, Hainich-Dünn und der Schwäbischen Alb erhoben):

  • In nur 10 Jahren gingen in Graslandschaften Biomasse, Häufigkeit und Artenzahl von Arthropoden um 67%, 78% bzw. 34% zurück.
  • Standorte, die in Landschaften mit einer höheren landwirtschaftlichen Nutzfläche eingebettet sind, zeigten einen stärkeren zeitlichen Rückgang.
  • In Waldgebieten sanken die Anzahl der Biomasse und der Arten um 41% bzw. 36%.
  • Der Rückgang der Artenzahl im Grasland ging hauptsächlich auf den Verlust von Individuen unter den seltenen Arten zurück. In den Wäldern nahmen die ursprünglich weniger vorkommenden Arten überproportional ab, während einige der am häufigsten vorkommenden Arten – darunter invasive Arten und potenzielle Schädlingsarten – zunahmen.
  • Der Rückgang der Artenzahl war in Wäldern mit viel Totholz schwächer.
  • Der Artenschwund im Grünland ist mit der landwirtschaftlichen Bodennutzung im Landschaftsmaßstab verbunden.

 

Quelle:

Seibold et al. Nature, Vol 574, 2019, p671-691, https://doi.org/10.1038/s41586-019-1684-3